Herzlich willkommen auf der Informationsseite zum Alternativvorschlag für das Grundstück des gescheiterten Freiheits- und Einheitsdenkmals in Berlin!
Das neue Denkmal thematisiert die Dopplung des Portals IV des historischen Berliner Schlosses. Vom Portal IV gibt es heute zwei Kopien: Das Eingangsportal des Staatsratsgebäudes der DDR und das Portal IV im rekonstruierten Berliner Schloss („Humboldtforum“). Gesamthistorisch betrachtet gibt es das Portal IV sogar dreimal: Als zerstörtes Original und in Form der beiden Rekonstruktionen. Das Denkmal fügt ein viertes Portal IV hinzu, das ein hoffnungsvolles Symbol für mehr Mitbestimmung und Zusammenhalt werden soll. Es entsteht ein demokratischer Ort der lebendigen Auseinandersetzung mit der Geschichte – durch die konzeptionelle Einbindung des Schlosses und des Staatsratsgebäudes wird der gesamte Schlossplatz zum Denkmal.
Vom Balkon des Portal IVs soll Karl Liebknecht 1918 die „Sozialistische Republik“ ausgerufen haben. Vom Auftritt Liebknechts auf dem Balkon existieren aber weder Fotos noch Augenzeugenberichte. Historiker gehen heute davon aus, dass Liebknecht seine Rede auf der Ladefläche eines Lastwagens hielt. Bezeichnenderweise blieb Karl Liebknechts Ausruf der „sozialistischen Republik“ 1918 politisch folgenlos, weil sein Flügel in der revolutionären Bewegung keine Macht besaß. Erst die Macht der SED-Diktatur vermochte Liebknechts Ausruf zum Gründungsmythos eines sozialistischen Deutschlands umzudeuten. Die SED behauptete stets, dass der Ausruf vom Balkon des Portal IVs des Schlosses erfolgte. Sie wählte bewusst das starke Bild der Monarchie, um den Machtanspruch Liebknechts zu untermauern. Als das Schloss 1950 durch die SED-Führung gesprengt wurde, versuchte man deshalb, das Portal IV zu erhalten; seine Rekonstruktion wurde 1963 in das Staatsratsgebäude integriert. Somit ist nicht nur das Portal selbst in seiner doppelten heutigen Existenz eine Rekonstruktion, sondern auch die politische Relevanz des Ereignisses und dessen vermeintliche historische Bedeutung sind in gewisser Weise (Re-)Konstruktionen.
Vom historischen Schloss selbst existieren keine Baupläne mehr. Das heute rekonstruierte Gebäude basiert auf Annahmen und Einschätzungen, die zum größten Teil auf Fotomaterial beruhen. Es handelt sich also sowohl bei den Handlungen Liebknechts auf dem Balkon des Portals IV, als auch beim Portal selbst um Rekonstruktionen, die nicht wissenschaftlich verifiziert werden können.
Aus diesen Gründen steht das Portal IV nicht nur für eine architektonische Rekonstruktion, sondern auch für die Konstruktion von alternativen Fakten und für die Manipulation des kollektiven Gedächtnisses durch politische Akteure. Dieser Prozess steht im Widerspruch zu den Idealen von Freiheit, Gleichheit und Transparenz, auf denen nicht nur die freiheitlich demokratische Grundordnung des wiedervereinigten Deutschlands, sondern auch die europäische Vision fußt.